Wir haben im Seniorenstift ein super Team!
Es war der 12. März 2020 - Stiftungstag im Juliusspital, doch dieser Feiertag fand nicht statt. Aus gutem Grund, denn am Vortag hatte die WHO Corona zur weltweiten Pandemie ausgerufen. Die allgemeine Gefährdungslage durch Corona wurde bereits als sehr hoch eingestuft.
Im Seniorenstift hatte der „Krisenstab“ bereits mehrmals getagt und verschiedene Schutzmaßnahmen bearbeitet und intern umgesetzt. Am 12. März brachten wir das Schild „auf Besuche möglichst zu verzichten“ an der Eingangstüre zum Seniorenstift an.
Blumen, Geschenke und Videotelefonie
Mit dem 16. März begann der erste Lockdown und somit auch bei uns im Seniorenstift das Besuchsverbot. Angehörige und Bewohner konnten sich nicht mehr sehen, sich nicht mehr treffen, nicht mehr gemeinsam spazieren gehen. Doch unser Hauptaugenmerk galt unseren Bewohnern und ihrem Schutz vor einem Virus, um dessen Gefahr sich noch niemand so richtig bewusst war.
Blumen und Geschenke, Süßigkeiten und Videotelefonie – all das half uns, mit dieser neuen Situation besser klar zu kommen und auch unsere Bewohner damit nicht alleine zu lassen. Die Mitarbeiter zogen Schutzkleidung an, die Arbeitsabläufe wurden umstrukturiert. Es gab keine Gemeinschaftsveranstaltungen mehr, die Pflegeteams wurden nur noch auf ihren Wohnbereichen eingesetzt. Die AHA-Regelung hielt Einzug in den Alltag bei uns im Seniorenstift.
Liebgewordene Gewohnheiten gingen nicht mehr
Der Großteil unserer Bewohner bekam die „Gefahr“ aufgrund der Krankheitsbilder nicht unbedingt und hautnah mit. Was jedoch alle schon nach sehr kurzer Zeit bemerkten war, dass durch die fehlenden Besuche auch viele lieb gewonnene Rituale und Annehmlichkeiten ausblieben. So wie sich beispielsweise – wie immer – am Donnerstagnachmittag in der Cafeteria zum Schwätzchen treffen oder gemeinsam in unserer Kapelle St. Johannes Gottesdienst zu feiern am Sonntagmorgen. Dies ist sogar bis heute so noch nicht wieder möglich.
Es gab viele Gespräche mit den Pflegekräften und mit den Wohnbereichsleitungen. Welche Gesetze werden erlassen, was können, was dürfen wir noch und vor allem: Hoffentlich bekommen wir das Virus nicht so schnell ins Haus! Die Fragen häuften sich: Haben wir genügend Schutzausrüstung? Wann kommt die nächste Lieferung? Sind wir gerüstet für den Ernstfall? Daneben auch immer wieder die bangen Fragen: Wie bekommen die Pflegekräfte die Organisation zu Hause hin, wie wird Kinderbetreuung sichergestellt, was ist mit der Schule, geht Homeoffice …?
Das Jahr war auch eine "verrückte" Zeit
Denke ich jetzt an die Zeit zurück kann ich nur sagen: „Es war verrückt“! Heute sind wir schon ein Jahr weiter, es ist viel passiert – aber das das Virus ist immer noch da. Bis heute gibt es kaum eine Woche, in der es keine neuen Regelungen, Verordnungen, Gesetzesänderungen und Richtlinien gibt. Auch wenn nicht alle immer eine Relevanz haben, sie müssen gelesen, angepasst und den Mitarbeiter adressatengerecht kommuniziert werden. Wichtig ist nach wie vor unser Anspruch, dass die Pflegekräfte von diesem „Verordnungs-Wahnsinn“ und allen organisatorischen Belangen im Hintergrund möglichst ferngehalten werden.
Am 9. April 2020 kam dann auch für uns die Meldung: Ein Bewohner wurde positiv auf das Virus getestet. Es war uns klar, dass wir Corona nicht aus dem Seniorenstift würden halten können, es war nur die Frage wann es auch bei uns aufschlägt.
Die bange Frage: "Hoffentlich bin ich negativ?"
Die Aktionen, die darauffolgten, würden ein ganzes Buch füllen. Ich möchte jedoch weg von den Fakten hin zu dem Zwischenmenschlichen – wie z. B. zur Frage der Bewohner bei jeder Abstrichserie: Hoffentlich bin ich negativ?“ Aber auch die Dankbarkeit und das Strahlen in den Augen, wenn ich ihnen die die negative Nachricht – die ja in diesem Fall eine positive war - zwei Tage später persönlich überbracht oder auch das Ergebnis ausgedruckt auf den Tisch gelegt habe. Ein Gespräch mit einer Bewohnerin machte mich schon nachdenklich. Sie sagte zu mir „Ach, wir haben jahrelang den zweiten Weltkrieg erlebt mit allem Schrecken, Leid und Elend, hatten so gut wie nichts und dann soll Corona uns umhauen?“
Mit der letzten Abstrichserie am 5. Mai war dann erst einmal der „Ausnahmezustand“ beendet und Corona aus dem Seniorenstift eliminiert. Noch heute ist es beängstigend zu wissen, dass dieses tückische Virus viel schneller ist als wir es uns je vorstellen konnten.
Seniorenstiftbewohner sind inzwischen geimpft
Inzwischen haben wir zwar so gut wie alle Bewohner „durchgeimpft“, doch eine absolute Sicherheit, das Corona-Virus nicht zu bekommen gibt es nicht und wird es - realistisch gesehen – wohl auch nie geben.
Wir haben strikte Besuchsregeln und setzen die auch durch, verringern Kontakte, wägen aber auch immer ab, welche Aspekte überwiegen: Gesundheit oder Soziale Teilhabe? Klar, die Besuche sind begrenzt, der Tag wird dadurch lang und länger. Unsere Mitarbeiter lassen sich aber den Humor nicht nehmen und überlegen sich viel Kreatives und Kommunikatives, um die Bewohner bei Laune zu halten. So wurden kleine Weihnachtsfeiern im Schichtbetrieb auf den Wohnbereichen abgehalten und auch Fasching wurde gefeiert, mit Abstand und unter Einhaltung aller Regeln.
"Ein bisschen müssen wir noch durchhalten!"
Antigen-Schnelltests, PCR-Reihentestungen, Quarantäneregelungen, Aufnahme- und Entlassmanagement unter Corona-Bedingungen. Das alles und noch viel mehr machen wir – frei nach Rio Reiser“ – doch gerne um schnellstmöglich wieder in ein normaleres Leben zurückzukehren.
Ein bisschen müssen wir noch durchhalten. Jedoch können wir mir Rücksicht und viel Menschlichkeit dazu beitragen, dass der Alltag – gerad ein einem Pflegeheim – egal was „draußen“ passiert - weitergeht. Wenn sich Hindernisse in den Weg stellen, dann finden wir garantiert einen Weg, diese zu beseitigen oder “drum herum“ kommen. Mit diesem Team hier: auf jeden Fall.
Danke!
Markus Schultheiß
Juliusspital Seniorenstift